Wohnungsbau in Hanau auf dem Gelände der ehemaligen Argonner Kaserne

Konversion von Militär- und Gewerbebrachen

Wurden in Hessen in der Vergangenheit ehemalige Militärflächen häufig mit Blick auf eine gewerbliche Anschlussnutzung entwickelt, stehen sie seit einigen Jahren vor allem in Südhessen und in Universitätsstädten verstärkt im Fokus der Wohnungswirtschaft. Für den aktuell sehr hohen Wohnungsbedarf sind beispielsweise in Südhessen kaum größere zusammen hängende stadtnahe Areale vorhanden. In Innenstadtlagen tragen sie dazu bei, den Flächenverbrauch auf der "grünen Wiese" zu reduzieren. 

Werden die Areale neu hergerichtet und bebaut, können hier neben klassischem Wohnungsbau und Infrastruktur häufig nachhaltige Energiekonzepte, grüne Infrastruktur, Maßnahmen zum Klimaschutz, kulturelle Angebote sowie neue Wohnmodelle, z.B. genossenschaftliches oder generationenübergreifendes Wohnen realisiert werden. Darüber hinaus werden Konversionsflächen oder Teilflächen auch als Standorte für Ausgleichsmaßnahmen und Artenschutzprojekte planungsrelevant. 

Die Konversion von Brachen birgt insofern Potenziale und Chancen für die Stadtentwicklung, ist in der Regel aber ein eher langwieriger Prozess. Es werden generelle Fragen zur künftigen Stadtentwicklung einer Kommune aufgeworfen, aber auch spezifische Fragen und Probleme zur jeweiligen Standortentwicklung, die beantwortet bzw. gelöst werden müssen. Dies sind bei Konversionsflächen vor allem der Zustand des Geländes, insbesondere im Hinblick auf Altlasten und technische Infrastruktur, die Wirtschaftlichkeit der beabsichtigten Vorhaben, die Mobilisierung der Flächen, d.h. der angemessene Eigentumsübergang auf öffentliche oder private Investoren, die Wiedernutzung von Immobilienbeständen u.v.m.

Beispiele für Konversion

Im Rahmen der Entwicklung von ehemals militärisch genutzten Liegenschaften entstehen in Südhessen vor allem in Darmstadt und Hanau, aber auch in weiteren attraktiven Städten neue Wohnquartiere.

Die Städte Hanau und Darmstadt sind stark von Militärkonversion betroffen und entwickeln bereits seit mehreren Jahren u.a. attraktive neue Wohnquartiere auf ehemaligen Kasernenarealen und Housing areas. Hanau weist rund 340 Hektar ehemalige US-Militärliegenschaften auf und hat in den vergangenen zehn Jahren bereits mehr als 1000 Wohneinheiten geschaffen, weitere 1500 geförderte und frei finanzierte Wohneinheiten entstehen derzeit auf der Pioneer-Kaserne im Stadtteil Wolfgang.

Innerhalb des Darmstädter Stadtgebiets befinden sich im Süden rund 300 Hektar ehemals militärisch genutzte Flächen, darunter die ehemalige Lincoln Kaserne, die derzeit entwickelt wird. Auf einem weiteren mehr als 150 Hektar großen Areal der ehemaligen Jefferson-Siedlung und Cambrai-Fritsch-Kaserne werden ab circa 2020 rund 1400 Wohnungen entstehen. In dem neuen Stadtteil sollen 25% der Wohnungen Haushalten mit geringem Einkommen sowie weitere 20% Haushalten mit mittlerem Einkommen vorbehalten sein. Auch gemeinschaftliche Wohnprojekte und Wohngruppen sollen berücksichtigt werden. Darüber hinaus sind Familienzentren, Kitas, eine Grundschule, Car-Sharing-Plätze, Quartiergaragen u.v.m. geplant.

In Babenhausen entsteht auf 60 Hektar ebenfalls ein neues Stadtquartier. Neue Formen des ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Wirtschaftens, Arbeitens und Wohnens sollen in unterschiedlichen Nutzungsschwerpunkten konkretisiert werden. Die historische Kaserne ist dabei als Kreativquartier gedacht. Das Herzstück wird ein zentraler grüner Freizeit- und Erholungsraum sein.

In Griesheim bei Darmstadt befindet sich in direkter Nachbarschaft zum August-Euler-Flugfeld ein etwa 10 Hektar großes Areal, welches viele Jahrzehnte von US-Streitkräften für militärische Zwecke verwendet wurde. Die Stadt Griesheim hat sich im Juni 2018 entschieden, in einer öffentlich-privaten Partnerschaft mit einem Wohnungsunternehmen Teile des ehemaligen Militärgeländes in Griesheim zu einem neuen Wohnquartier zu entwickeln. In den Kooperationsvertrag wurden etliche der Stadt wichtige, planerische und städtebauliche Aspekte als bindende Bestimmungen aufgenommen. So soll etwa die Hälfte des zu schaffenden Wohnraumes als bezahlbarer bzw. geförderter Wohnraum errichtet werden. Bestandshaltung und Quartiersmanagement durch die gemeinsame Stadtentwicklungsgesellschaft werden für einen langen Zeitraum festgeschrieben, aber auch eine verträgliche Mobilität, eine effiziente Energienutzung und ein Bekenntnis zur Baukultur gehören zu den vertraglich festgelegten Verpflichtungen.

Auf der rund 18 Hektar umfassenden Armstrong-Kaserne in Büdingen entwickelt der Gießener Investor Revikon, der die Kaserne 2015 erworben hatte, 160 Wohnungen. Die Sanierung der Bestandsgebäude ist bereits angelaufen. Darüber hinaus sollen 85 Bauplätze für Einfamilienhäuser mit 300 qm bis 1.000 qm Grundstücksfläche an private Bauherren vermarktet werden. Auch Einzelhandel soll entstehen. Die Stadt Büdingen erwägt, eine kleinere Fläche für ihren Bauhof oder eine Kindertagesstätte zu nutzen. Derzeit dient ein Teil der einstigen Kaserne noch als Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber.

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